Volkstheater: „Der zerbrochne Krug“, eine mediale Analyse, im Badischen Staatstheater
Kleist hat seiner 1806 veröffentlichten Komödie die Beschreibung eines Kupferstichs vorangestellt: „Man bemerkte darauf – zuerst einen Richter, der gravitätisch auf dem Richterstuhl saß: vor ihm stand eine alte Frau, die einen zerbrochenen Krug hielt: Beklagter, ein junger Bauerkerl verteidigte sich noch: ein Mädchen, das wahrscheinlich in dieser Sache gezeugt hatte, spielte sich an der Schürze.”
Die Interpretationsfähigkeit dieses Bildes ist eingeschrieben in Kleists Figuren und bildet die tragische Grundierung der Erzählung: Die Krug-Gesellschaft bezeugt die Lügen der Autorität und kontrastiert die Metapher des zerbrochenen Kruges zur bedrohlichen Folie auf vergangene und gegenwärtige Gesellschaften. Solche, in denen Wahrheit zu falschen Fährten verkehrt und durch fatale Machtverhältnisse verstellt wird.
Willkommen im Jahr 2023, im Panorama aus zu vielen geöffneten Registerkarten im Browser und bohrendem Zweifel an für sicher gehaltenen Fakten. So transportieren mediale Bilder und Texte immer auch einen Interpretationsansatz, der zu einer Vielzahl von individuellen Realitäten führt, in denen beinahe unbemerkt und zuweilen ungewollt Meinungen entstehen.
Wie kann Wahrheit als gesellschaftliche Bruchstelle von einer Drohkulisse zum Gegenstand wertvoller Auseinandersetzung in der (virtuellen) Realität werden?
Praktische Informationen
- Weitere Informationen: www.staatstheater.karlsruhe.de
Foto: A. Kohlem
