Schaumgebilde
Eugene Labiches Charaktere präsentieren sich zwei Jahrhunderte nach ihrer Erfindung in einer neuen, von Christoph Marthaler erschaffenen Konstellation.
Die Familie Malingear spricht ein gehobenes Französisch, die Familie Ratinois einen deutschen Dialekt: Auf der Kommunikationsebene ist da nicht viel zu machen. Umso problematischer, als die Sprösslinge der beiden Familie die Schnapsidee haben zu heiraten.
In diesem zweisprachigen Schauspiel, in dem jeder seine eigene Sprache und niemand die des anderen, bringt Christoph Marthaler sehr unterschiedliche Charaktere auf der Bühne zusammen und öffnet damit die Tür für Missverständnisse, die sich aus der Unfähigkeit zu kommunizieren ergeben.
Gut zu erkennen ist die Handschrift des Schweizer Regisseurs, bei dem die Hauptcharaktere immer etwas abseits stehen im Hinblick auf das Leben, die Gesellschaft und den heutigen Zeitgeist… In Das Weisse vom Ei wie auch in seinen anderen (zahlreichen) Theaterstücken scheinen die Schlüsselfiguren einer anderen Zeit zu entstammen, weshalb sie sich in der heutigen Welt nicht zu Recht finden können und sich unbeholfen verhalten. Durch ihre altmodische und unangepasste Art sind sie jedoch umso rührender und bringen mit ihrem Gesang das zum Ausdruck, was sie mit Worten nicht zu sagen vermögen. Die Charaktere hat Marthaler dem Werk La Poudre aux yeux von Eugène Labiche (übersetzt von Elfried Jelinek) entnommen.
Den Titel das Weisse vom Ei – eine Nachspeise, die aus einer schaumigen Zucker- und Luftwolke besteht – versteht Christoph Marthaler als perfekte Metapher für die Mischung aus freudiger Erwartung und Enttäuschung – zwei für jede Leidenschaft ausmachende Charakteristika: Das Leben sei immer eine Enttäuschung, aber man gebe nie auf.
Ebenfalls auf szenik: King Size von Christoph Marthaler im Theater Basel
Weitere Informationen
– Programminfos des Theater Basel (DE)
– Homepage von Christoph Marthaler (DE)
– Werke von Eugene Labiche (DE)