Ein Brahms-Konzert, eine Beethoven-Sinfonie, dazu als Solist der isländische Pianist Víkingur Ólafsson. Im Festspielhaus Baden-Baden begibt er sich mit dem London Philharmonic Orchestra und John Gardner am Sonntag, 11. November, 17 Uhr, auf die Suche nach dem ganz großen Gefühl: in Brahms’ erstem Klavierkonzert. In diesem Werk hat der junge Brahms die Liebe und den Kummer um seine Liebe zu Clara Schumann einfließen lassen. Großer Klang, großes Orchester und große Emotion auf im zweiten Teil des Abends. Das London Philharmonic Orchestra spielt Beethovens Sinfonie Nr. 3, die „Eroica“.
Experimentierlust, Leidenschaft und Neugierde sind die Basis des künstlerischen Schaffens von Víkingur Ólafsson. Der isländische Pianist begeistert die Kritik und sein Publikum, das er mit Rekord-Streamingzahlen auch online erreicht. Er gehört zu den erfolgreichsten Interpreten klassischer Musik und ist gleichzeitig als musikalischer Botschafter seines Heimatlandes mit zeitgenössischen isländischen Werken unterwegs. Nach seiner Ausbildung in New York startete Ólafsson seine internationale Pianistenkarriere, die ihn heute weltweit an die renommierten Konzerthäuser führt.
Gewaltige Dimensionen, erste tiefe Liebe und ein Memento
Im Festspielhaus interpretiert Víkingur Ólafsson mit dem London Philharmonic Orchestra das erste Klavierkonzert von Johannes Brahms. Der deutsche Komponist hat darin seine unglückliche Liebe zu Clara Schumann verarbeitet. Der erste Satz ist ein architektonischer Kraftakt und genau das sollte er sein: Ein Akt, der alle Kräfte bindet und damit verhindert, dass sein Erbauer auseinanderfällt. Wer seine erste große Liebe durchleidet, glaubt oft, sie sei auch seine letzte. Zum Helden wird der innerlich zu Tode getroffene, indem er sich zu schöpferischer Arbeit zwingt und seine Liebe in Kunst überführt.
Die Dramatik, mit der Johannes Brahms sein erstes Klavierkonzert eröffnete, hat immer wieder etwas Neues, ja Erschreckendes. Die Gegensätze von schroffem Aufbegehren, Trotz und resignierender, melancholischer Zurückhaltung erstaunen im Grunde bei jedem Hören.
Das Adagio, der zweite Satz, ist indes ganz innig. Ursprünglich trägt es die lateinische Überschrift „Benedictus qui venit in nomine Domine“ (Gesegnet sei, der da kommt im Namen des Herrn), dem Mittelteil aus dem Sanctus der lateinischen Messe. Manche sehen hierin eine Hommage an und eine Art von Gebet für den vor kurzem verstorbenen Freund Robert Schumann, den Brahms hier auch musikalisch zitiert.
Für die Freiheit
Zur Zeit ihrer Entstehung revolutionierte die „Eroica“ die Musikgeschichte, Beethoven selbst nannte sie seine bedeutendste Sinfonie. Ursprünglich wollte der Komponist seine „Eroica“ Napoleon zueignen. Als der Feldherr sich selbst zum Kaiser krönte, radierte der Komponist die Widmung „intitolata Bonaparte“ wütend aus. Über der ersten (und allen folgenden) gedruckten Ausgabe ist nun zu lesen: „Sinfonia eroica, composta per festeggiare il sovvenire di un grand’uomo.“ Übersetzt: „Heroische Sinfonie, komponiert zur Feier der Erinnerung an einen großen Mann“. Bekannt ist, dass Beethoven nicht nur Sympathien für Napoleon hegte, sondern auch für dessen Gegner, etwa Lord Nelson oder dem General James Abercrombie. Letzterer war 1801 in der Schlacht gegen die Franzosen gefallen, was Beethoven vermutlich dazu veranlasste, einen Trauermarsch in die Sinfonie zu integrieren. Naheliegend ist somit die Annahme, dass er seine „Eroica“ schließlich nicht mehr als ein musikalisches Statement für sondern gegen Napoleon sah, um die freiheitlichen Ideale, von denen er zeitlebens überzeugt war, weiterhin zu verteidigen.
Dafür erfand Beethoven eine Musik, die ständig die wildesten Abzweigungen wählt. Als erste Sinfonie einer neuen Art sollte das Werk alles überbieten, was vorher war. Die ganze Welt kommt darin vor: sinfonische Kämpfe mit tragischen Abstürzen, archaische Kriegstänze, brutale Orchesterschläge, ein Trauermarsch mit Rückblende und Klageweib, Dissonanzen, wie man sie bis dahin nie zu hören bekam, letzte Worte, Bachsche Fugen, Rokoko-Flöte, Jagdszenen, kosmische und komische Musik.
Das London Philharmonic Orchestra ist unter der Leitung seines Chefdirigenten John Gardner am 10. November im Festspielhaus zu erleben. Seit seiner Gründung durch Sir Thomas Beecham im Jahr 1932 zählt das London Philharmonic Orchestra zu den international gefeierten Orchestern. 2023 war es das weltweit meistgestreamte Orchester, es hat in seiner Geschichte die Musik zu zahlreichen Kinohits eingespielt, darunter die Trilogie „Der Herr der Ringe“.
Weitere Informationen und Tickets: www.festspielhaus.de
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