Die Bühne ist der Ort, auf der sich unser Leben spielerisch verdichtet. Die Geschichten zeigen ganz persönliche Lebensentwürfe und große gesellschaftliche Zusammenhänge, aber selten die der anwesenden Personen. Wie kein anderes Medium hat die darstellende Kunst die Kraft, von uns Menschen zu erzählen. Doch erzählt es selten von der Person, die gerade eben auf der Bühne steht. Wir wollen uns deshalb einen kleinen Einblick in die Person, die mit ganzem Körper die Geschichte eines anderen erzählt, beschaffen. Ob Theater und Figurentheater, die Oper, der Zirkus und Tanz – sie alle greifen ein intensives Spiel von Drama und Alltag auf. Der Alltag der Künstler*innen ist dabei gezeichnet von Vorsingen/Vorspielen, Konzeptionsgesprächen und Proben, doch das ist nicht alles.
szenik erlaubt sich deshalb einmal hinter die Bühne zu gehen und bekommt einen ganz privaten Einblick in das Leben der Künstler und Künstlerinnen der grenzüberschreitenden Großregion. Los geht es mit der Basler Zirkusartistin Nina Wey.
Wie bist du zum Zirkus gekommen und was war der Auslöser dies zum Beruf zu machen? Wolltest Du schon als Kind Zirkusartistin werden?
- Als ich als Jugendliche zwei Jahre mit dem Zirkus Chnopf auf Tournee gehen konnte, zogen wir mit Traktoren und Zirkuswägen von Stadt zu Stadt, von Dorf zu Dorf. Dieses Leben gefiel mir und ich wollte es zu meinem Beruf machen.
Was magst du am Zirkus am liebsten? Und was gefällt dir an deinem Beruf am besten?
- Mich zu bewegen, die Freiheit, mich künstlerisch auf der Bühne auszuleben und das Leben im Zirkuswagen, sind für mich etwas Wunderschönes.
Wie würdest du die Schweizer zeitgenössische Zirkuskunst beschreiben?
- Die Schweizer Zirkusszene organisiert sich langsam und verschafft sich auch politisch Gehör. Das ist super.
Was magst du weniger an deinem Beruf? Oder wann ist der Job als Zirkusartistin schwer?
- Von Ort zu Ort ziehen ist grandios, auch die Aufenthalte im Ausland, aber manchmal würde ich gerne ein zu Hause mit einem großen Garten haben, indem Obstbäume stehen und ich Gemüse anpflanzen könnte… Ich würde aber das Herumreisen nach kurzer Zeit schon wieder vermissen!
Erlebst du manchmal künstlerische Einschränkung? Oder worin würdest du dich gerne noch mehr entfalten können?
- Einschränkungen sind für mich oft finanzieller Art. Sie hindern mich gewisse Produktionen ausführen zu können. Gleichzeitig können finanzielle Einschränkungen auch positive Auswirkungen auf mich haben. Ich muss mir dann überlegen, wie ich es auch ohne die gewünschte Summe Geld schaffen kann. Kreativität ist dabei sehr hilfreich.
Ist man sich der harten Arbeit zu wenig bewusst?
- Vielleicht wissen viele nicht, was neben der Bühne noch alles dazu gehört: die vielen Trainingsstunden, das Entwickeln von neuen Ideen, sich um Finanzierungen kümmern, sowie Material warten, neue Aufführungsorte akquirieren und neue Kontakte knüpfen.
Gibt es eigentlich Tage, an denen du keine Lust hast im Rampenlicht zu stehen?
- Ja klar, das gibt es immer wieder. An solchen Tagen ist es für mich oft nur am Anfang hart. Sobald die Show einmal angefangen hat und die Zuschauer da sind, hinterfrage ich mich nicht mehr und fokussiere mich auf die Vorstellung. Was hart war, verfliegt oft.
Worin findest du Inspiration für deine Arbeit?
- In jeglichen Situationen, wie durch Musik, Bücher, Texte, Gespräche, Gefühle, Bilder und Geschichten, die ich mir in meinem Kopf ausmale, Natur, Kaffee trinken mit Freunden, Essen, Theater- Zirkus- Tanzstücke und, und, und. Inspiration ist überall!
Gibt es eine Zirkuskompanie mit der du gerne einmal kooperieren möchtest?
- Nicht direkt, aber ich würde mich über jegliche Anfragen von Zirkuskompanien freuen.
An welchem Projekt / Werk arbeitest du gerade aktuell?
- Zurzeit bin ich bei den Aufführungen von ZIRKUS ZNACHT dabei; erst der Zirkus dann das Znacht. Ein Winterprojekt von Station Circus, wofür wir zu zehnt eine kleine Show erarbeitet haben, die bei uns auf dem Station Circus-Gelände und in der Kuppel, mit anschließendem Essen und gemütlichem zusammen sein, stattfindet. Gleichzeitig stehe ich in den Vorbereitungen für den Auftritt am 5. Dezember im Rahmen des Fokus junge Schweizer Zirkuskunst.
Gibt es eine bestimmte Figur aus einem Theater/Zirkusstück oder einer Oper, deren Wesenszüge du teilst?
- Ich weiß bis jetzt von keiner.
Wie lebt es sich als Zirkusartistin in Basel? Wo verbringst du deine Freizeit und schöpfst neue Energie?
- Ich lebe im Wagen beim Station Circus, einem Ort für zeitgenössische Zirkuskunst im Dreispitz. Vor meiner Tür habe ich meinen Trainings-, Aufführungs-, Kultur-, Begegnungs-, Wohngemeinschafts-Ort. Alles im Umkreis von ein paar Metern, ziemlich praktisch und nah. Es fehlt hier nicht an kreativen von Tatendrang gepackten Mitmenschen. Ein Ausgleich suche ich in Arbeiten, welche nicht direkt mit dem Zirkus in Verbinndung gebracht werden können und dazu einen möglichst (langen) Arbeitsweg haben. Freizeit ist für mich die Natur, egal wo!
Wohin gehst du gerne in deiner Mittagspause oder am Abend? Hast du ein Lieblingslokal in der Stadt?
- Es gibt so viele gute Lokale…. Ich mag lieber die Abwechslung…
Wie wichtig ist Social Media für eine/n Zirkusartistin?
- Wahrscheinlich wichtig. Für mich ist es nicht wichtig.
Was antwortest du, wenn dir jemand erzählt: „Ich war noch nie im Zirkus.“?
- Komm doch mal! Ich lade dich ein.
Wie kann man Neulingen zeitgenössischen Zirkus schmackhaft machen?
- Freilichtspektakel, wo jeder Mann/Frau sich dazu setzen/stehen kann ohne Eintritt zu zahlen (Kollekte am Ende), ist aus meiner Erfahrung ein optimales Sprungbrett, um Neulinge und zufällig vorbeikommenden Gäste auf Neues hinzuweisen und ihnen die so vielfältige Zirkuskunst schmackhaft zu machen.
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- Nina Wey ist am 5.12.2018 im Rahmen des Fokus junge Schweizer Zirkuskunst mit ihrem Sepktakel Nina zu entdecken. Alle Informationen finden Sie auf der Homepage der Kaserne Basel, des Station Circus und szenik!
- Die Homepage von Nina Wey
Fotos: Tilman Pfäfflin