Spurlos verschwunden
In seiner neuen Inszenierung beschäftigt sich Christoph Marthaler mit komplizierten Verschleierungstaktiken und neuen Identitäten.
Sb1xc3+. So lautet die Formel für das Verschwinden. Zumindest bei Frédéric Seul. Der Privatermittler hilft Menschen scheinbar vom Erdboden zu verschwinden und das mit solch einer komplizierten Verschleierungstaktik, dass sie selbst seine Kunden nicht enthüllen können. So ergeht es auch einer Frau namens Barbara, die im Frühjahr 1999 mit der Bitte nach einer neuen Identität an ihn herantritt. Er überreicht ihr einen Umschlag mit Dokumenten, für deren Entschlüsselung die Details der Schachpartie Die Perle von Zandvoort aus dem Jahr 1935 nötig sind. Nachdem sie das Rätsel gelöst hat, führt es sie zu einem Pariser Haus, in dem ihr ein Mann einen Mietvertrag und eine Lizenz zum Alkoholausschank überreicht. Kurz darauf ist Barbara vom Erdboden verschwunden und an der Bar eines Privat-Clubs taucht eine Frau namens Isolde auf. Doch ist es tatsächlich so einfach, eine ganze Existenz auszulöschen? Christoph Marthaler, der in Basel zuletzt durch Das weiße vom Ei – Une île flottante von sich reden gemacht hat, hat nun für das Theater Basel eine hinreißende, die Gedankengänge verwirrende Inszenierung entwickelt. Mit feinem Spott, scharfen Kanten und einer dichten musikalischen Atmosphäre – diesmal mit der Mezzosopranistin Anne Sofie von Otter – begeistert der Regisseur seit mehr als 20 Jahren. Von der Biennale in Venedig wird er nun mit einem Goldenen Löwen für sein Lebenswerk ausgezeichnet. (T.B.)