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Rudi Stephan (1887-1915) vollendete seine Oper Die ersten Menschen 1914. Die Uraufführung fand jedoch erst 1920 in Frankfurt statt; bereits fünf Jahre zuvor war der Komponist als Soldat an der Front gefallen. Eine eigenwillige Stimme war verstummt, noch ehe sich ganz entfalten konnte, was bereits wenige Werke versprachen. Ähnlich wie Franz Schreker, dessen Opern zum Teil noch vor dem Weltkrieg ebenfalls in Frankfurt uraufgeführt worden waren, bleibt Rudi Stephan der Tonalität verpflichtet und lotet die Klangfarben eines großdimensionierten Orchesters auf bis dahin ungehörte Weise aus. In immer neuen Aufschwüngen gewinnt seine sinfonisch geprägte Musik ungeheure Expressivität und hebt den mit erotischem Überdruck aufgeladenen Text – er fußt auf einem Drama Otto Borngräbers, das 1912 schon kurz nach der Uraufführung verboten wurde – auf eine neue Stufe, die den genuinen Opernkomponisten erkennen lässt. Es gilt, ein beinahe vergessenes, aufregendes Werk zu entdecken. Dies wurde auch anlässlich der Frankfurter Neuproduktion der Oper in der Saison 2022/23 deutlich: „Tobias Kratzer inszeniert an der Oper Frankfurt Rudi Stephans Die ersten Menschen und manövriert sich klug durch den hochexpressiven Irrsinn“ (Süddeutsche Zeitung). „Hier kochen die Emotionen über, aber die kluge, den symbolistischen Fettauswuchs strikt abstreifende Kratzer-Inszenierung hält klug den Deckel auf dem Operntopf“ (Die Welt). „Kratzer, der sich nie mit seinen originellen Settings und Grundeinfällen begnügt, der praktisch immer eine erstklassige Personenregie bietet, hat hier noch dazu ein fabelhaftes Quartett zur Verfügung“ (Frankfurter Rundschau).

Die musikalische Leitung oblag in der Premierenserie Frankfurts ehemaligem Generalmusikdirektor Sebastian Weigle. Eigentlich sollte er auch die erste Wiederaufnahme der Produktion dirigieren, musste aber aus persönlichen Gründen von dieser Planung zurücktreten, daher übernimmt diese Aufgabe jetzt Takeshi Moriuchi, Frankfurts Studienleiter. Die Sängerbesetzung jedoch ist gleich geblieben, was für die Wiederaufnahme spricht: „Großartig, wie die vier Mitwirkenden ihre hoch anspruchsvollen Rollen meistern, die sie [in der Premierenserie] allesamt zum ersten Mal singen: Andreas Bauer Kanabas als Adam, Ambur Braid als Eva, Iain MacNeil als Kain und Ian Koziara als Abel. Sie müssen nicht nur ganz großformatig gegen das Orchester (…) ankommen, sondern auch noch absolut glaubwürdig die wohl bekanntesten biblischen Gestalten verkörpern, und zwar ohne der Versuchung zu erliegen, das Pathos von Monumentalfilmen wie den Zehn Geboten zu imitieren.“ (BR-Klassik / Allegro)

Zum Inhalt: Die ersten Menschen sind aus dem Paradies vertrieben worden. Sie suchen ihren Weg in einer neuen Welt, in der sie von nun an leben müssen: Chawa erinnert sich sehnsüchtig daran, wie Adahm sie einst, im Frühling ihrer Liebe, begehrt hatte. Doch Adahm ist müde geworden und vollauf mit dem Ringen um das nackte Dasein beschäftigt. Sein Sohn Kajin verweigert sich diesem Ringen „im Schweiße des Angesichts“; stattdessen gibt er seinem inneren Drang nach und streift durch die Wildnis auf der Suche nach einer Frau. Chabel wiederum sucht das „Heil“ in der Anbetung eines gütigen Gottvaters, dem er ein Opfer darbringt. Beide begehren ihre Mutter auf unterschiedliche Weise. Als Kajin Chawa und Chabel nachts in ekstatischer Vereinigung überrascht, erschlägt er den Bruder. In einer Vision sieht er die Zukunft voraus: Ihr Kennzeichen ist „kommendes Blut kommender Menschheit“.

Oper in zwei Aufzügen von Rudi Stephan Text von Otto Borngräber

In deutscher Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln

Musikalische Leitung: Takeshi Moriuchi Inszenierung: Tobias Kratzer

Szenische Leitung der Wiederaufnahme: Nina Brazier Bühnenbild und Kostüme: Rainer Sellmaier

Licht: Joachim Klein Video: Manuel Braun

Dramaturgie: Bettina Bartz, Konrad Kuhn

Adahm: Andreas Bauer Kanabas Chawa: Ambur Braid

Kajin: Iain MacNeil Chabel: Ian Koziara

Statisterie der Oper Frankfurt

Frankfurter Opern- und Museumsorchester

www.oper-frankfurt.de


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