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Trunken vom Vergessen

In Rhapsodie démente geben sich die Bühnenkünste Tanz, Theater und Musik ein Stelldichein. Das Ganze vermengt sich zu einer unbestimmten Masse, aus der heraus der Choregraph François Verret das Unbekannte aufzudecken scheint, das in der Erinnerung jedes Menschen verborgen liegt. 

Für sein Projekt Chantier 2014-2018 hat der Choreograph François Verret ein Team von professionellen Künstlern, Musikern, Schauspielern und Ausbildern aus Straßburg um sich versammelt, das seit nunmehr zwei Jahren und noch bis zum Jahr 2018 am Theater Pôle Sud wirkt. Um die verschiedenen Ateliers herum entsteht nach und nach ein großes Werk mit Bildern des 20. Jahrhundert. Genährt mit Fragmenten der Wirklichkeit, nimmt die Rhapsodie démente nach und nach Gestalt an.

In der subtilen Dekonstruktionsarbeit von Francois Verret erklingen Wortsplitter, die den gewaltigen Tiefen unseres kollektiven Gedächtnisses entstammen. Acht Figuren unterschiedlichen Alters und in verschiedenen Sprachen sprechend treffen auf der Bühne aufeinander. Sie wirken desorientiert und wie aus der Zeit gefallen. Lange waren sie im Strudel einer ungebremsten Beschleunigung gefangen, nun haben sie innegehalten und lassen sich treiben. Durch die Zufallsbegegnungen reaktivieren sie nach und nach ihr lange betäubtes Erinnerungsvermögen und geben sich dem Spiel der „Wahlverwandtschaften“ hin. Ihr subjektives Empfinden stimmt sich ab, verstimmt sich wieder und bietet sich den Blicken der Zuschauer dar. Die Bühne wird zu einem Ort, an dem eine neue Sprache entsteht, die unweigerlich brüchig, manchmal kraftlos oder wahnhaft ist. Vergessene Wörter, die verloren gegangen und wieder gefunden wurden, drängen zurück an die Oberfläche und vermischen sich mit den Rhythmen und dem Raum. Im Kampf gegen das Vergessen reagieren die Körper auf die Klänge der Musik und lassen Erinnerungen aufsteigen, die in einem fremdartigen Zungenreden zum Ausdruck kommen. (V.B.)

Foto: Paul Poncet

 


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