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Instabiler Geist

Eine schöpferische, sensible Feder trifft auf einen Meister des französischen Theaters. Das Ergebnis ist eine poetische Welt, die auf einem Klavier aus Buchstaben eine dunkle Sinfonie spielt. 

Ein Wind aus dichterischen Worten zieht den Zuschauer in eine eigentümliche Welt. Dort geben sich verblassende Erinnerungen, erdrückende Angst und lebendig werdende Farben die Hand um die Bretter der Bühne zum Klingen zu bringen.
Claude Régy gibt sich einem Buchstaben-Jongleur hin: Georg Trakl. Der ungarisch-österreichische Autor (1887-1914), der bereits mit 27 Jahren den Tod fand, ergreift jede Sauerstoffzelle des Saales mit seiner Poesie. In Salzburg geboren wächst dieses labile Gemüt auf und beginnt recht zeitig Drogen einzunehmen. Die unbändige Liebe zu seiner Schwester, sein schwieriges Verhältnis zu seiner Mutter, die Suche nach einem traumvollen Ort nagen schwer an seinem Zustand. Als Militärapotheker, ein Beruf, der ihm den Zugriff zu Drogen vereinfacht, kann er mit der Hilflosigkeit und dem gnadenlosen Tod auf dem Kriegsfeld nicht umgehen. Er stirbt an einer Überdosis Kokain. Seine Texte zeugen von einer sensiblen Tiefe, die jedem Leser den Atem nehmen. So auch in dieser Aufführung. Was mit dem Verstand und Herzen des Publikums passiert, wenn Yann Boudaud sich in die Stille zurückzieht oder malerische, dunkle Bilder durch den Raum fliegen lässt, ist kaum beschreibbar. Es nimmt jeder Uhr die Zeit, jedem Geräusch die Lautstärke. Die Entdeckungsreise führt in den Kopf eines obskuren, zerbrechlichen jungen Mannes, der, wie eine Pusteblume, von der Welt mitgerissen wird ohne vorher ein Schutzschild angelegt haben zu können. Seine Dichtung steht im Mittelpunkt und setzt sich in den Ohren fest. Absolut bemerkenswert! (J.L.)

Mit Yann Boudaud 

Foto © Pascal Victor


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