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Den Geheimnissen auf der Spur

Le Canard sauvage (deutsch: Die Wildente) gehört zu den weniger bekannten Werken des Norwegers Henrik Ibsen: ein düsteres und starkes Theaterstück über die Geschichte einer Familie, die von Lügen und Geheimnissen beherrscht wird.

Man könnte die imposante Bühnengestaltung und den Rahmen erdrückend finden, der an die Unterseite einer Holzkonstruktion erinnert – was verborgen bleiben sollte, wird hier den Blicken ausgesetzt. Man könnte das sich abzeichnende Elend der Familie Ekdal unstimmig finden angesichts der schönen Harmonie, die das Innere ausstrahlt. Man könnte sich fragen, warum die Wahl auf unechte Tannen fiel, um die Dachkammer darzustellen, in der eine flügellahme Wildente lebt und die der jungen Hedvig und ihrem Großvater als Zuflucht dient. Und schließlich könnte man die Frage stellen, warum zum Teufel Regisseur Stéphane Braunschweig seine Schauspieler zu solchem Naturalismus anleitet. Doch Die Wildente gehört zu jenen Stücken, die trotz allem fesseln, mitreißen, über sich selbst hinausweisen. Wir tauchen in die Geschichte einer von Lügen zermürbten Familie ein und erfahren, dass es im Leben manchmal nötig ist, Arrangements mit der Wahrheit zu treffen. Diese bittere Erkenntnis müssen bei Gregers‘ Ankunft alle Mitglieder der Familie Ekdal machen. Überzeugt davon, dass die Wahrheit das höchste Gut sei, stört der Idealist das prekäre Gleichgewicht und stürzt die Familie in eine Tragödie, an der ausgerechnet das reinste Geschöpf zerbricht. Im Jahr 1884 verfasst, wühlt das Stück ebenso durch die Fragen auf, die es in Bezug auf die Kraft der Illusion und die Akzeptanz von Heuchelei aufwirft, als auch durch die rigorose Interpretation. (C.C.)

Foto © Elisabeth Carecchio


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