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Die Winde der Vergangenheit

Thomas Krupa inszeniert das tragisch-spielerische Familienepos Immer noch Sturm, eine autobiographische Erzählung des österreichischen Schriftstellers Peter Handke.

Es ist ein Traum, den man auf der Bühne sieht. Zwischen flimmernden Neonästen und dunkelroten Wänden, eine Abstraktion der ländlichen Idylle aus Handkes Kindheit, sitzt der Erzähler, „Ich“ genannt. Er begibt sich auf eine Identitätssuche in die Vergangenheit, in die Welt seiner Ahnen. Immer noch Sturm ist die poetische Geschichte Handkes Familie mütterlicherseits, die als slowenische Minderheit im österreichischen Kärnten unter den Repressalien ihrer Besetzer leiden musste. Erst nahmen ihnen die Nazis ihre Sprache und ein Stück Identität. Die britischen Befreier brachten leider kaum Besserung. Die Menschen in Handkes Erzählung sind Marionetten der Großmächte, die sich durch feierliche Eloquenz ein Stück Selbstbestimmung und Stolz zu bewahren versuchen. Poesie und Phantasie als Rettung vor dem allgegenwärtigen Abgrund. Immer noch Sturm ist zwar eine Tragödie, aber eine mit Humor, die spielerisch mit ihren zweifelnden Charakteren umgeht. Thomas Krupa hat sich in seiner Inszenierung kaum von Handkes Text-Vorlage entfernt. Aber das ist auch gar nicht nötig. André Benndorff als Beobachter seiner eigenen Familiengeschichte spielt vorzüglich und erweckt einen Traum zum Leben. (S.O.)


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