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Dürrenmatts Besuch der alten Dame im Saarländischen Staatstheater

 

Nach »Das Wunder von Verdun« in der Alten Feuerwache inszeniert der Schweizer Regisseur Gustav Rueb diesmal im Großen Haus. Dabei ist nicht nur der Kinderchor des Saarländischen Staatstheaters, sondern auch das ensemble4 als Bürgerschaft.

 

Eine kleine Stadt irgendwo in Mitteleuropa. Früher gab es hier nicht nur eine florierende Industrie und eine bedeutende Eisen-Hütte, sondern man verstand sich auch als eine stolze Kulturstadt, in der selbst Goethe übernachtete und in der man mit dem Zug schnell die Metropolen Europas erreichte. Doch heute ist vom alten Glanz kaum noch was zu spüren. Die Gemeinde ist hoch verschuldet, die Zugverbindungen sind miserabel und viele Bürger*innen leben von Arbeitslosenunterstützung. Da kann man nur noch auf ein Wunder oder einen Sechser im Lotto hoffen. Und genau dieser Sechser scheint sich, in Gestalt einer Multimilliardärin, angekündigt zu haben. Claire Zachanassian, geborene Wäscher und Kind der Stadt hat sich zum Besuch angekündigt. Wie sie empfangen? Wie mit ihr umgehen?

Diplomatie und Feingefühl sind gefragt, denn schließlich hofft nicht nur der Bürgermeister auf ihre Wohltätigkeit und Spendenbereitschaft, um endlich den Gemeindehaushalt sanieren zu können. Doch da zeigt sich Claire Zachanassian großzügiger, als man es sich in den kühnsten Träumen erhoffte. Eine Milliarde will sie spenden! Ja, eine Milliarde! Fünfhundert Millionen der Stadt und fünfhundert Millionen auf die Familien verteilt. Ihre einzige Bedingung: Gerechtigkeit! – Oder weniger moralisch: Rache! Genugtuung für das, was man ihr angetan hat. Alfred Ill, ihr ehemaliger Geliebter, der sie schwängerte und dann sitzen lies, soll sterben. Nicht Geld oder Liebe, sondern Geld gegen Mord nach verratener Liebe. Empört lehnen die ehrlichen und guten Bürger der Stadt ab. Und doch fängt jeder an, mehr Geld auszugeben als man hat, denn schließlich machten es die anderen auch.

Dürrenmatts grandiose Tragikomödie ist eine urkomische Parodie auf eine Gesellschaft, in der alle moralischen Maßstäbe langsam, aber stetig verloren gehen und in der ein glückliches Leben mit Geld, und Geld mit Konsum gleichgesetzt wird. Als gäbe es nichts anderes als Shoppen.


Praktische Informationen

 

Foto: M. Kaufhold


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