Prag war 1989 ein Ort der politischen, kulturellen und emotionalen Transformation. Die sogenannte Samtene Revolution beendete die sowjetische Kontrolle und öffnete Räume für neue Ausdrucksformen. Künstler:innen, Musiker:innen und Intellektuelle fanden Wege, ihre Stimme zu erheben, oft in subtilen, aber kraftvollen Gesten. Die Atmosphäre war von Aufbruch, Hoffnung und der Sehnsucht nach Freiheit geprägt.
Die Brüder Selke – aufgewachsen im Ostberlin der 1980er-Jahre – greifen dieses Spannungsfeld in „Stimmen in Prague“ auf. Das Konzertprojekt, das sie am Freitag, 24. Oktober, 20 Uhr, im Burghof Lörrach präsentieren, entstand nach einem gefeierten Auftritt im Jahr 2022 beim „Spectaculare“-Festival in Prag, einem interdisziplinären Festival, das Musik, Kunst, Film und Performance vereint. Dort wurde ihre Musik als melancholischer Dialog zwischen Ost und West gefeiert.
Für die beiden in Ostberlin geborenen Musiker war der Auftritt in Prag mehr als nur ein Gastspiel: Er wurde zu einer Begegnung mit einer vertrauten Vergangenheit. Wie in der DDR hatte auch in der damaligen Tschechoslowakei der Staatssozialismus den Alltag der Menschen tief geprägt. Die Brüder fanden sich in einer Stadt wieder, deren Geschichte, deren Humor und deren leise Melancholie ihnen seltsam vertraut vorkamen. Das Publikum reagierte mit einer Mischung aus Nachdenklichkeit und Herzenswärme, als erlebe man eine kollektive Erinnerung.
Dieses Gefühl bringen Sebastian und Daniel Selke nun nach Lörrach. Auf der Bühne des Burghofs verweben sie Cello, Klavier und elektronische Klänge zu einer offenen Klangsprache. Ihr Equipment stammt zum Teil aus der ehemaligen DDR oder besteht aus Geräten, die einst heimlich aus dem Westen ihren Weg über die Grenze fanden. Das Equipment und die Art und Weise, wie sie dieses einsetzen, sind mithin auch eine bewusste Auseinandersetzung mit der Geschichte: Sowohl in Prag als auch in Ostdeutschland galt Improvisation als Kunst des Überlebens, als kreative Antwort auf Begrenzung.
So wird „Stimmen in Prague“ zu einer musikalischen Annäherung zwischen Ost und West, Vergangenheit und Gegenwart. Es ist ein Abend, an dem Musik nicht bloß erklingt, sondern Erinnerung und Gegenwart in Schwingung bringt. In einer Zeit, in der Werte wie Offenheit und Freiheit wieder vermehrt hinterfragt werden, bietet diese Musik einen Raum für Besinnung und Inspiration.
Tickets gibt es unter www.burghof.com.
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