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Im Scheinwerferlicht

Indem sie fünf Putzfrauen dazu einladen, von ihrem Leben und ihrem Werdegang zu berichten, verfassen Anestis Azas und Prodromos Tsinikoris ein engagiertes Schauspiel voller Energie.


Wir haben sie 2013 entdeckt und wir erinnern uns noch gut daran. Zum Zeitpunkt der 8. Ausgabe des Festivals Premières im Badischen Staatstheater Karlsruhe haben Anestis Azas und Prodromos Tsinikoris Telemachos – Should I stay or Should I go? präsentiert. Am Tisch eines Restaurants erzählten in Deutschland lebende Griechen von ihrem Werdegang, ihren Hoffnungen und Enttäuschungen und der Frage, die sich viele von ihnen stellen mussten: bleiben oder wieder zurückkehren? Ein leichtes und gleichzeitig tiefgründiges Schauspiel, das im gleichen Maße stichhaltig und bewegend war, da die beiden Autoren und Regisseure „richtige Menschen“ auf die Bühne steigen ließen, Experten ihres eigenen Alltags und demzufolge von Migrationsfragen. Drei Jahre später klingt das Thema noch schmerzlich nach, und Anestis Azas und Podromos Tsinikoris befassen sich mit der Hilfe ihrer Experten weiterhin mit diesen Fragen, indem sie sich so dem Wiederaufleben des Reality-Theaters / dem neuen Dokumentar-Theater widmen, unterstützt vor allem von dem Schweizer Kollektiv Rimini Protokoll, mit dem sie bereits Prometheus in Athens verfasst haben.

Nicolas Sarkozy wollte die Städte mit dem Hochdruckreiniger sauber machen lassen, die rechtsextreme Partei Goldene Morgenröte (wir bedienen uns dieser Parallele) will die griechischen Straßen von allen Migranten säubern. Nun sind es aber gerade diese Immigranten, welche die Straßen säubern… Wer sind sie, diese Unsichtbaren, denen wir häufig begegnen ohne sie anzuschauen. Woher kommen sie? Was haben sie vorher im Leben gemacht? Was war ihr Beruf? Anestis Azas und Prodromos Tsinikoris laden fünf Frauen dazu ein, von ihrem Werdegang und ihrem Alltag zu berichten. Sie sind Architektinnen, Akademikerinnen, Sängerinnen, auf der Suche nach einem besseren Leben aus Albanien, von den Philippinen, aus Südafrika, aus Bulgarien und aus Moldawien nach Griechenland gekommen. Heute sind sie als Putzfrauen dem alltäglich üblichen Rassismus ausgeliefert in einem seinerseits ausgebluteten Land. Ein weiteres Mal geben Anestis Azas und Prodromos Tsinikoris dieser oft abstrakten Realität eine physische Dimension, indem sie diese Frauen dazu bringen ohne Schwarzmalerei, aber mit Treffsicherheit und viel Humor von sich zu erzählen. Ein Schauspiel, dass uns ein Gefühl des Verstehens und die Energie zu reagieren gibt. (S.D.)

Foto © Christina Georgiadou


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