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Im Dezember 2018 kam der Genfer Theatermacher Cédric Djedje mit einem Künstlerstipendium in den Berliner Stadtteil Wedding, um ein neues Projekt zu entwickeln. Sein Thema entdeckte er praktisch vor der Haustür: im Afrikanischen Viertel, das nicht so heisst, um seine afrikanischen Bewohner*innen zu würdigen, sondern weil sich dort der deutsche Traum, eine bedeutende Kolonialmacht zu sein, in 25 Straßennamen niederschlägt. Da sind die Kameruner Strasse, die Togostrasse, und bis 2022 gab es auch drei Strassen, deren Namen an die Gründer der deutschen Kolonien erinnerten. Aktivist*innen haben jahrzehntelang dafür gekämpft, sie nach afrikanischen Widerstandskämpfer*innen umzubenennen.

Cédric Djedje und seine Co-Performerin Safi Martin Yé treten mit den Aktivist*innen per Video-Projektion in Dialog, berichten von 40 Jahren politischem Kampf, von Kolonisatoren und von Cornelius Fredericks und der Familie Manga Bell, nach denen zwei der Strassen heute benannt sind. Djedje, selbst Franzose mit ivorischen Wurzeln, erzählt eindrücklich von seinen Recherchen in Berlin, vom Tanzen in den Clubs und von einem Online-Date, das ihn nur treffen will, weil er Schwarz ist. Eine Erkundung zwischen Expedition und Geisterbahnfahrt, die Berlin aus der Perspektive eines Aussenseiters zeigt und der Stadt einen Spiegel vorhält. Die Video-Interviews, Erzählungen historischer Begebenheiten und persönliche Erfahrungen verdichten sich zu einer klaren politischen Botschaft.

Nur wenige Wochen nach der Uraufführung des Stücks in Genf im November 2022 wurden die ersten beiden Straßen im Berliner «Afrikanischen Viertel» umbenannt – begleitet von internationaler Presse, aber weitgehend unbemerkt von der deutschen Öffentlichkeit. Trotz der gesteigerten, kritischen Aufmerksamkeit, die den kolonialen Vergangenheiten europäischer Länder entgegengebracht wird, fehlt es vielerorts an Sichtbarkeit im Stadtbild – an Denkmälern, die an die Kolonialverbrechen und den Widerstand dagegen erinnern. Die afrikanische Realität wird immer noch verschwiegen und Relikte des Kolonialismus sind in europäischen Städten allgegenwärtig. Besteht die Chance, dass sich das in naher Zukunft ändern wird? Die noch unentschiedene Antwort ist im Titel des Stücks angedeutet: Vielleicht

Für die Basler Version wird eine lokale Aktivist*in im Rahmen der Aufführungen ihre antirassistische Arbeit und Initiative vorstellen. Die Hälfte der Ticketeinnahmen kommt dieser Initiative zugute.

„Eine starke und politische Inszenierung, die ohne Vorwürfe auskommt – von jenen an die wahren Schuldigen mal abgesehen – und so viel tiefer über die verhandelten Probleme nachdenken lässt.“ Fabien Imhof, La Pépinière, 3.11.2022

Dauer: 120 Minuten

Publikumsgespräch nach der Vorstellung am 14. März.

 

kaserne-basel.ch


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