Glory Box
Mit seiner Compagnie Dernière Minute nimmt der einstige Leichtathlet Pierre Rigal sein Solostück Press von 2008 wieder auf, das in einer kafkaesken Atmosphäre die Zirkuskünste streift und alte Tricktechniken des Films nutzt.
Press – mit über 200 Vorstellungen eines der langlebigsten Stücke überhaupt – spielt in einer Box, die 3,20 m breit und 2,20 m hoch und tief ist; soweit zum Bühnenbild. Was Pierre Rigal in diesem einfachen, sich immer weiter verengenden Kasten inszeniert, ist die Verzweiflung des modernen Menschen, der durch den zunehmenden Druck und die Zwänge seines Umfelds zermalmt wird. Als Tänzer, Choreograf und ehemaliger Junior-Meister Frankreichs beim 400-Meter-Hürdenlauf kennt Pierre Rigal diese Zwänge gut, und seine Meisterleistung besteht darin, die standardisierte Verkettung der Automatismen sichtbar zu machen, die jedem in seinem engen Lebensraum eigen sind. Gefangen in einem fast leeren Raum – die Ausstattung besteht aus einem Stuhl und einer Lampe – beugt sich der Tänzer wortwörtlich der sich verändernden Bühnenvorrichtung, die ihn zwingt, seine Position und seine Bewegungen permanent anzupassen, und ihn in einen absurden und beklemmenden Engpass treibt… Wie der Athlet sind die Bewegungen frei, aber sehr strukturiert, wuchtig und leichtfüßig, und die Choreografie evoziert eine magische Erzählung, die nie übermäßig narrativ ist. Pierre Rigal hat außerdem experimentelle Videos gedreht und Film studiert – lauter Elemente, die er scheinbar mühelos beherrscht… Da drin steckt etwas von der Perfektion eines Chaplin, Fred Astaire oder Michel Gondry, eine Performance, die bis ins kleinste Detail ausgearbeitet ist und sich auf handgemachte Tricktechniken aus dem Film und eine minutiöse Teamarbeit stützt. (V.B.)
Foto: Pierre Stoll
