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Lotte de Beer erschafft mit ihrer Inszenierung des Don Carlos von Verdi einen neuen Gottesstaat

Lotte de Beer eröffnet die Saison der Staatsoper Stuttgart mit Verdis Don Carlos, einem Werk, das am Getriebe der Macht harsch Kritik übt. Die Regisseurin transponiert diesen historischen Stoff in eine nahe Zukunft und lässt einen neuen Gottesstaat entstehen.

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Die Geschicke gekrönter Häupter waren schon lange vor den Skandalen der Boulevardpresse alles andere als Privatsache. Kein Ort zeigt dies so deutlich, wie das Schlafzimmer der absolutistischen Souveräne, wo die privateste morgendliche Verrichtung zur Staatsangelegenheit wird.

Von Gottes Gnaden an die Spitze des Staates gesetzt, presst das Hofzeremoniell die Körper, die Verletzlichkeit, die intimsten Regungen der Herrschenden ins stahlharte Korsett der Öffentlichkeit.

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Der Mensch im Getriebe der Macht

Der Machtskeptiker Giuseppe Verdi komponierte 1867 für Paris Don Carlos im historisierenden Stil des kurz zuvor verstorbenen Stars der Grand Opéra, Giacomo Meyerbeer. Spektakel und Drama verbinden sich zur bereits anachronistischen Großform, die den Menschen im gigantischen Getriebe des Machterhalts zerreibt.

Die Daueröffentlichkeit des Spiels um Thronfolger Carlos, dessen Verlobte Elisabeth zu seiner Stiefmutter wird, und den der vermeintlich stille Revolutionär Posa zum Konflikt mit König Philipp anstachelt, ist doppelt gerahmt durch die Legitimation der spanischen Herrschaft aus dem katholischen Glauben.

Ein neuer Gottesstaat

Friedrich Schiller ließ schon in seinem Don Karlos den Großinquisitor Nachtschwärze ins zaghafte Licht der Gedanken einer jungen Generation gießen, die sich nichts wünscht, als Freiheit für die Massen. Obskurantismus nennt man das, ein bewusstes Verdunkeln geistigen Fortschritts.

Regisseurin Lotte de Beer blickt mit Don Carlos in eine vielleicht nicht allzu ferne Zukunft, in der ein neuer Gottesstaat entsteht. Ein Regime der Angst stellt sicher, wessen Leben als politische Verhandlungsmasse verfügbar ist und wessen Leben um jeden Preis geschützt werden muss.

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BESETZUNG

Musikalische Leitung Cornelius Meister
Regie Lotte De Beer
Bühne & Kostüme Christof Hetzer
Licht Alex Brok
Chor Manuel Pujol
Dramaturgie Franz-Erdmann Meyer-Herder, Peter Te Nuyl
Kampfchoreograf Ran Arthur Braun
Philipp II. Goran Jurić
Don Carlos Massimo Giordano
Marquis von Posa Björn Bürger
Der Großinquisitor Falk Struckmann
Ein Mönch Michael Nagl
Elisabeth von Valois Olga Busuioc
Prinzessin Eboli Ksenia Dudnikova
Thibault, Page Elisabeths Carina Schmieger
Eine Stimme vom Himmel Claudia Muschio
Graf von Lerma / Ein königlicher Herold Christopher Sokolowski
Staatsopernchor Stuttgart, Staatsorchester Stuttgart

PRAKTISCHE INFORMATIONEN

  • Premiere 2019 / 2020
  • Altersempfehlung: ab Klasse 9
  • In französischer Sprache mit deutsche Untertiteln
  • Weitere Informationen auf der Webseite der Staatsoper Stuttgart: www.staatsoper-stuttgart.de
  • Die Uhrzeiten der Aufführungen im März / April werden noch veröffentlicht. 

 

Fotos: Matthias Baus


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