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Mit Dies ist keine Botschaft (Made in Taiwan) kehrt Stefan Kaegi von Rimini Protokoll an die Kaserne zurück und wagt den Versuch, eine unmögliche Botschaft für den Inselstaat Taiwan zu errichten. Die zentrale Frage des Abends: Wie kann im Theater ein Territorium, das offiziell nicht als Staat anerkannt wird, vorgestellt werden?

Gemeinsam mit taiwanesischen Künstler*innen hat Stefan Kaegi im Rahmen einer siebenwöchigen Recherche-Residenz im Nationaltheater Taipeh Diplomat*innen, Geolog*innen, Techniker*innen aus der Halbleiterindustrie, Politiker*innen und Geschäftsleute befragt. Drei davon stehen bei Dies ist keine Botschaft (Made in Taiwan) auf der Bühne: ein pensionierter Botschafter, eine Netzaktivistin und eine Musikerin und Alleinerbin eines Bubble-Tea-Imperiums. Zusammen mit Rimini Protokoll erstellen sie die mobile Stichprobe eines Landes und nutzen dafür ein Architekturmodell als Miniaturfilmkulisse. Mit kleinen Kameras in der Hand lassen sie Puppen, die sie selbst darstellen, Rollen spielen und eine eigene Welt lebendig werden, die sowohl wie eine antike als auch wie eine futuristische Version Chinas aussieht, sowohl ein präkommunistisches als auch ein posttotalitäres Zerrbild.

Geologisch gesehen ist Taiwan Teil des «Pazifischen Feuerrings», einer seismisch besonders aktiven Zone, in der riesige tektonische Platten aufeinandertreffen. Es kommt deswegen immer wieder zu schweren Erdbeben. Ähnlich fragil steht es um die politische Stabilität auf der Insel. Auch sie droht zwischen Machtblöcken und Erschütterungen zerrieben zu werden.

1945 wurde Taiwan als «Republic of China» eines der Gründungsmitglieder der Vereinten Nationen und ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat. Aber 1971 stellte Richard Nixon die Beziehungen der USA zum chinesischen Festland wieder her, und die «Republic of China» musste die Vereinten Nationen verlassen. Seitdem kämpft Taiwan um seine diplomatische Anerkennung. Nur in einem Dutzend Ländern rund um den Erdball haben seine diplomatischen Vertretungen den Status einer Botschaft. Während Taiwan einerseits über zahlreiche internationale Freunde und Handelspartner verfügt, kann es sich keine Nation leisten, die Beziehungen zur Wirtschaftsmacht China abzubrechen, und so wird Taiwan von keinem europäischen Land außer dem Vatikan diplomatisch anerkannt. Mit anderen Worten: Taiwan ist nur der sichtbarste Repräsentant eines globalen Dilemmas. In dieser Situation hat Taiwan eine neue Form von Außenpolitik entwickelt, die es erlaubt, sich auch unter dem Radar der offiziellen Diplomatie durch NGOs und wirtschaftliche Beziehungen mit anderen Ländern zu vernetzen. So zum Beispiel auch mit der Schweiz, für die Taiwan ein wichtiger Exportmarkt in Asien darstellt.

Im Theater sind wir es gewohnt, so zu tun, als ob. Gerade hier können wir also fragen: Wie könnte eine Vertretung Taiwans auf der Bühne funktionieren? Wer darf diese Insel zwischen China, Japan und dem eigenen Erbe überhaupt vertreten? Welche Fahne, welche Hymne und welches Ritual passen in unsere Zeit? Und was helfen Staatenbündnisse gegenüber den Ansprüchen einer Großmacht wie China?

In Dies ist keine Botschaft wird der Theaterraum allabendlich zur Bühne für internationale Politik.

 

Dauer: 100 Minuten

 

kaserne-basel.ch


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