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TANZ PUR 4 – Interview mit Damian Gmür im Rahmen seiner neuen Choreografie im Theater Pforzheim

 

IN SORGE UM DIE WELT

Damian Gmür schafft derzeit ein neues Werk für das Theater Pforzheim. Der Choreograf sorgt sich dabei um den Zustand der Welt und umkreist mit seiner Neuschöpfung Verlusterfahrungen, aber auch das Potenzial einer Neubesinnung. Gmürs Tanzstück „Wolken die uns nicht tragen“ kommt am 10. Mai 2019 im Rahmen von TANZ PUR im Gasometer auf die Bühne kommt. Alexandra Karabelas hat sich mit ihm unterhalten.

 

Herr Gmür, in was für einer Zeit leben wir?

Ich nehme war, dass die Menschen zur Zeit eine gewisse Entwurzelung beschäftigt, als ob sie den Halt verlieren weil sich vieles auflöst.

 

Wie meinen Sie das?

Die Kommunikationskanäle haben sich vervielfältigt. Man spricht über soziale Medien gleichzeitig mit vielen Leuten. Viele um einen leben in digitalen Paralleluniversen. Sie sind physisch präsent, aber mental abgedriftet. Das löst, zusammen mit der Globalisierung, eine Urangst aus, die man aber schwer fassen kann, empfinde ich.

 

Äußere Zeichen sind ein stark gewordener Nationalismus. Bisher geltende Werte müssen wieder neu verhandelt werden. Wie nehmen Sie als Künstler Verantwortung wahr? 

Indem ich ehrlich mit mir selbst bin, am Leben teilhabe und diese Entwicklungen mitverfolge. Ich kann ihre Dynamik und ihren Spirit spüren und lasse das in meine Arbeit einfließen, um es zu verstehen – als Choreograf und Trainingsleiter am Theater Pforzheim.

 

Welches Potenzial hat denn hier der Tanz?

Tanzen ist ein Ventil. Es ermöglicht, mit tieferen Schichten im eigenen Wesen in Kontakt zu kommen. Man erfährt sich im Tanz umfassender – egal ob ich selbst tanze, choreographiere oder mir Tanz ansehe. Tanzen ist eine ganzheitliche Kunst. Man ist mit dem Körper, dem Geist und den Emotionen dabei und kann sich tief mit sich und der Welt auseinandersetzen. Tanz kann Dinge beschreiben, die man schwer in Worten fassen kann. Er kann Urgefühle hervorbrechen lassen und gut transportieren.  Er spiegelt uns.

 

Was macht Ihr neues Stück „Wolken die uns nicht tragen“ notwendig?

Es gibt den berühmten „Point of No Return“, d.h. wenn eine Entwicklung, ein Prozess, egal wo einmal begonnen hat, ist er nicht mehr aufzuhalten – im Guten wie im Bösen. Wir erleben das mit der Zerstörung unserer Umwelt, aber auch in politischen, zwischenmenschlichen und körperlichen Prozessen.  Was auf die Welt kommen will, wird geboren werden. Davon erzählt mein neues Stück.

 

Welche Perspektive war für Sie am Wichtigsten?

Der Tanz zeigt mir, wie Gefühle und Energien funktionieren, und indem ich eingeladen und herausgefordert bin zu bestimmen, wie sich Dinge für mich anfühlen, gewinne ich Autonomie zurück. Mich interessiert mit den Tänzern von daher vor allem wie sich die einzelnen Bewegungen anfühlen und nicht wie sie aussehen. Das ist eine völlig andere Perspektive als wenn ich von außen diktiert bekomme, wie etwas auszusehen hat, was wann hübsch oder hässlich sein, wertvoll oder überflüssig. Diese Zurückgewinnung einer Autonomie über sich selbst darüber, wer man ist und wie man zu sein und  auszusehen hat, das ist eine Befreiung gegenüber aktuellen Entwicklungen.

 

Das Interview führte Alexandra Karabelas. 

Foto: Johannes Blattner

 

FOTO: T. SCHULZE

 

TANZ PUR 4 findet vom 10. Mai bis 2. Juni 2019 im Pforzheimer Gasometer mit den Tänzer*innen des Theaters Pforzheim statt. 

Auf dem Programm: 

 

Weitere Informationen auf: 

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