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Tabea Martin: Tanz kann den Trauerprozess fühlbar machen I Balletloversblog

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Evi Hock, Herausgeberin des Blogs Balletloversblog, hat sich mit der Basler Choreografin Tabea Martin über ihre Arbeit, ihre Inspirationen sowie ihre Trilogie, die sich mit dem Tod auseinandersetzt, unterhalten.

Erster Teil der Trilogie von Tabea Martin

Wie würden Sie sich als Choreografin beschreiben?

Ich bin neugierig. Ich bin ein Teamplayer, der den Austausch mit den Tänzern und dem Team sucht. Ich schätze Humor und Absurdität d.h. ich will nicht alles zu ernst nehmen und mich selbst relativieren. Mich interessieren gesellschaftlich relevante Themen. Ich nutze die Möglichkeit zu fragen und kritisch zu sein.

Sind Ihre Themen politisch? 

Jein. Die Themenbereich gehen schon in die Richtung, aber ich mache kein politisches Theater. Das ist nicht meine Motivation. Da gibt es andere Künstler, die sich deutlich mehr damit beschäftigen. Ich will wissen, was hinter bestimmten Themen steckt und möchte das gerne zeigen können.

Haben Sie eine eigene Compagnie? 

Für jedes Projekt suche ich mir ein Team, das nicht unbedingt fix ist. Seit ich wieder in der Schweiz bin, habe ich aber fast immer mit den gleichen Leuten zusammen gearbeitet. Bei NOTHING LEFT sind 9 Leute auf der Bühne. Wir haben jetzt auch einen eigenen Probenraum.

Wie finden Sie die Themen für Ihre Stücke? Und wie gehen Sie die Themen an?

Ich versuche heraus zu spüren, welche Themen mich selbst betreffen, was mich stört oder ärgert. Es macht mich neugierig, herauszufinden, worum es eigentlich geht. Dann mache ich mich auf die Suche nach Literatur und setze mich intensiv mit diesem Thema auseinander. Meine Dramaturgin unterstützt mich dabei. Erst wenn wir das Thema erfasst haben, gehen wir ins Studio.

Zweiter Teil der Trilogie von Tabea Martin

Der Tod ist das Thema Ihrer Trilogie, deren letzter Teil NOTHING LEFT am Tanzfestival STEPS gezeigt wird. Wie sind Sie auf dieses Thema gekommen?

Ich beschäftige mich schon länger damit. Ich bin persönlich betroffen und habe realisiert, dass das Thema Tod in unserer Gesellschaft unter den Tisch gewedelt bzw. gekehrt wird. Es gibt keine Rituale mehr, die Religion hat heute eine andere Bedeutung. So wollen wir alles schnell hinter uns bringen. Mit der Beerdigung ist dann alles vorbei. Es bleibt kein Raum zu trauern. 

In NOTHING LEFT geht es um das Thema, wie wir uns mit dem Tod eines anderen Menschen auseinandersetzen. Wie gehen wir damit um, wenn dieser Mensch nicht mehr da ist? Was passiert mit uns? Das Thema ist nicht einfach oder schön. Ich riskiere, dass es nicht gefällt. Tanz ist nicht nur schön.

STEPS bietet eintolles Programm. Warum sollte man sich NOTHING LEFT unbedingt ansehen?

Weil ich sympathisch bin. Die Zuschauer sollen kommen, um die Auseinandersetzung mit dem Tod gemeinsam zu führen, zu spüren und vielleicht sogar diskutieren. Jeder wird in seinem Leben mit dem Tod konfrontiert und muss ihn verarbeiten. Der Trauerprozess dauert meist länger als man denkt.

Der Vorteil vom Tanz ist es, dass ich dieses Thema nicht über Sprache angehen muss, sondern den emotionalen Teil sehr gut in Bewegung umsetzen kann. Der Tanz kann den Trauerprozess fühlbar machen.

Biografie

© Kostas Maros 

Tabea Martin, geboren 1978 in der Schweiz, studiert Modernen Tanz an der Hochschule der Künste in Amsterdam; sie tanzt unter anderem in Compagnien in den Niederlanden, in Deutschland und in Irland. 2006 schliesst sie an der Rotterdamse Dansacademie ein zweites Studium in Choreografie ab.
Mit den für ihre eigene Compagnie entstandenen Werken ist sie international erfolgreich, darunter zuletzt mit «Pink for Girls & Blue for Boys» (2016), «This is my last dance» (2018) und «Forever» (2019). Die mehrfach ausgezeichnete Tabea Martin ist ausserdem gefragte Gastchoreografin.
In den Jahren 2010 bis 2014 und 2016 bis 2019 wurden verschiedene Projekte von Tabea Martin im Rahmen des Koproduktionsmodells PRAIRIE vom Migros-Kulturprozent unterstützt. 

MEHR INFOS UND TOURDATEN

Tournee – leider wegen des Coronavirus abgesagt! Laut Pressemitteilung wird diese Uraufführung auf Herbst 2020 verschoben:

Die Unterstützung des Schweizer Kulturschaffens ist gerade heute wichtig. Das Migros-Kulturprozent bleibt in dieser schwierigen Zeit seiner Verpflichtung gegenüber dem Schweizer Tanzschaffen treu: Die Koproduktionen für die aktuelle Steps-Ausgabe sollen ab Herbst 2020 zur Uraufführung gebracht und auf Tournee geschickt werden. Dazu gehört der Abend «I am who I am who I am» von Tanz Luzerner Theater mit Choreografien von Jasmine Morand, Ella Rothschild und Caroline Finn sowie das Werk «Nothing Left» der Compagnie Tabea Martin. Ebenfalls auf Tournee gehen soll «Faded», die Koproduktion mit der Genfer Cie Ioannis Mandafounis sowie die internationale Koproduktion «LUDUM» der Anton Lachky Company. Informationen hierzu folgen zu gegebener Zeit. (Pressemitteilung Migros-Kulturprozent Tanzfestival Steps)

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