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Schauspielhaus Zürich: Einblick in die Spielzeit 21/22

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Im Rahmen des heutigen Mediengesprächs stellten die beiden Co-Intendanten Benjamin von Blomberg und Nicolas Stemann, Chefdramaturgin Katinka Deecke sowie die Hausregisseur*innen Suna Gürler, Yana Ross und Alexander Giesche die Pläne der kommenden Saison 2021/22 vor.

Medienmitteilung

«Als wir am Schauspielhaus vor zwei Spielzeiten anfingen und uns dazu entschieden, auf eine Vielfalt der beteiligten Akteur*innen zu setzen und damit auch eine Diversifizierung der Theaterästhetiken und Repräsentationen sichtbar zu machen, wussten wir, wir machen uns auf einen Weg. Wir wollen ihn weitergehen. Auch weiterhin muss es darum gehen, Differenzen anzuerkennen und zu vergegenwärtigen und zugleich konkret und sinnlich erfahrbar werden zu lassen, was Menschen verbindet. Wir wollen Erfahrungen von Gemeinschaft zelebrieren in dem Bewusstsein, dass die Voraussetzungen für sie nicht für jede*n gleichermassen geschaffen sind. Die vergangenen Monate der Pandemie haben das nochmals offenkundig gemacht und zugleich einen gesellschaftlichen Wandel zumal in Fragen der Teilhabe angestossen.

Es gibt kein einfaches Zurück. Theater kann versuchen, die Zukunft spielerisch mitzugestalten – und zeigen, dass dies auch Spass machen kann. Wir wollen ein Ort sein, an dem unsere und andere Entwürfe und Fragen zur Welt sich sinnlich erschliessen. Und wir möchten unser Publikum einladen, diesen Prozess zu begleiten – als Zuschauer*innen aber auch als Akteur*innen, die wir alle darin sind.

Wir haben weiter viel vor. Auf der Bühne, aber auch dahinter.»

Benjamin von Blomberg und Nicolas Stemann, Co-Intendanten

Programm der Spielzeit 2021/22

Das Zürcher Modell der Hausregisseur*innen bewährte sich gerade auch während der Pandemie; die Künstler*innen vor Ort konnten auch unter widrigen Produktionsbedingung aufregende Arbeiten für und in Zürich on- und offline herausbringen, die viel diskutiert und beachtet worden sind. Darüber hinaus geht keines der für die letzte Spielzeit geplanten Stücke aufgrund der Corona-Pandemie verloren, alle Uraufführungen und Premieren konnten in die Spielzeit 2021/22 mitgenommen werden. Auch weiterhin soll daher mit dem Konzept der Hausregie Erfahrungen gemacht und der Modellcharakter erprobt werden.

Leonie Böhm wird dem Schauspielhaus Zürich nicht mehr als Hausregisseurin angehören, sie verlässt Zürich Richtung Hamburg. Ihre Arbeit hat ein starkes Echo gefunden; das Theatertreffen hat sie ausgezeichnet, vor allem aber in Zürich und am Schauspielhaus mit seinem Ensemble und Team, haben sich ihre Inszenierungen entfaltet. Ihre Zürcher Produktionen werden im Repertoire verbleiben und darüber hinaus werden ihre «Räuberinnen» von den Münchner Kammerspielen als Gastspiel nach Zürich kommen.

17 Premieren, darunter ein Stummfilm begleitet vom Zürcher Kammerorchester (ZKO), zwei Choreografien, ein Visual Poem und drei Uraufführungen gelangen zur Aufführung: im Pfauen, im Schiffbau und erstmals in der Kunsthalle Zürich, als Proproduktionspartner. Klassische Texte und Bearbeitungen sorgen für eine vitale Spannung zwischen Gegenwart und Vergangenheit.

Mein Jahr der Ruhe und Entspannung I Zoé Aubry

Mit «Orpheus» und der Frage nach gesellschaftlichen Sichtbarkeiten und dem Blick zurück wird Wu Tsang und ihr Kollektiv Moved by Motion am 10. September die Spielzeit im Schiffbau in der Box eröffnen.
Yana Ross wird ab 11. September in der Schiffbauhalle mit «Kurze Interview mit fiesen Männern» (22 Arten der Einsamkeit) nach dem Roman von David Foster Wallace die dunklen Seiten von Männlichkeit und unzensiertes Begehren genau untersuchen.

Die langersehnte Neuinszenierung von Dürrenmatts «Der Besuch der alten Dame» eröffnet am 17. September die Pfauenbühne. Nicolas Stemann wirft einen frischen Blick auf den Klassiker und den Unterschied zwischen Rache und Gerechtigkeit.

Die brasilianische Regisseurin Christiane Jatahy stellt sich ab 27. Oktober als «related ar- tist» des Schauspielhauses erstmals vor und dies mit der Uraufführung «Before the sky falls» nach Shakespeares Macbeth im Pfauen. Bekannt für ihre politische Theaterarbeit zeigt sie Macbeths korrupte Herrschaft als Spiegel für die aktuellen autoritären Regime weltweit und besonders in ihrer Heimat. Claudia Andujar, deren Fotos als Inspiration für die neue Arbeit dienen, hat zeitgleich im Fotomuseum Winterthur eine Ausstellung mit Bildern über den politischen Kampf der Yanomami im Amazonas.

Regisseur Sebastian Nübling, der Choreograph Ives Thuwis und Performier*innen zwischen 15 und 23 Jahren suchen ab dem 8. November im Pfauen mit «born to shine» nach ihren Leidenschaften und stellen sie in Beziehung zu einer Welt, die bei weitem nicht überall scheint. Nachdem der erste Anlauf des Froschs ins von Corona infizierte Wasser gefallen ist, kommt die Premiere von «König der Frösche» am 13. November im Pfauen nun wirklich. Nicolas Stemann widmet sich nach «Schneewittchen Beauty Queen» nun dem Märchen über schmierige und rührende Männlichkeit. Trajal Harrell wird erstmals die ganze Schiffbau-Halle mit einer neuen Choreographie in Besitz nehmen, mit der grössten Besetzung seiner bisherigen Laufbahn, bestehend aus 17 Tänzer*innen und Schauspieler*innen inklusive seiner selbst.

Ab 3. Dezember zeigt das grosse Ensemble Revolution und Schönheit gleichermassen in «Monkey off My Back or the Cat’s Meow». Mit «Lear» als Endspiel, in dem die alte Ordnung zerbricht und Werte zu Ruinen werden, kommt die gefeierte Bochumer Inszenierung von «related artist» Johan Simons ab 8. Dezember an den Pfauen. Christopher Rüping wendet sich endlich der Oper zu. Er tut dies gemeinsam mit dem Autor Necati Öziri, um Richard Wagners «Der Ring des Nibelungen» und Richard Wagner als One-Man-Show ein vielstimmiges Werk entgegenzusetzen und den Grössenwahn zu korrigieren. Die Uraufführung findet am 21. Januar 2022 im Pfauen statt.

Ein neues Stück von Fatima Moumouni und Laurin Buser wird aus verschiedenen Blickwinkeln Schweizer Jugendlicher deren Erfahrung mit Rassismus und Polzeitgewalt erzählen. Suna Gürler wird den Text am 22. Januar in der Schiffbau-Box uraufführen.

AFTERHOUR I Eike Walkenhorst

«Momo» nach Michael Endes Märchen-Roman über die Kunst des Zuhörens ist für Alexander Giesche Ausgangspunkt um über den Umgang mit Zeit, als knappes Gut und als Gabe, die immer wieder neugestaltet werden muss, nachzudenken. Ab Februar 2022 in der Schiffbau-Halle. Der Titel von Nicolas Stemanns dritter und neuer Inszenierung im Februar 2022 im Pfauen wird zu einem späteren Zeitpunkt bekanntgegeben.

«The Deathbed of Katherine Dunham» spürt der renommierten afroamerikanischen Tänzerin, Choreografin, Anthropologin und Aktivistin nach, zu deren Schüler*innen auch Eartha Kitt, James Dean und Marlon Brando zählten. Trajal Harrell besuchte sie an ihrem Totenbett und wird die Fragen, die er nicht mehr stellen konnte in der Kunsthalle Zürich (Koproduktionspartner) ab März 2022 mit seinen Tänzer*innen in Szene setzen.

Wu Tsang untersucht mit dem amerikanischen Klassiker «Moby Dick» Rassismus und Autorität, Kosmopolitismus und Gemeinschaft, Verführung und queere Lebensarten. In Form eines Stummfilms mit dem Zürcher Kammerorchester als Live Orchester ab März 2022 im Pfauen. Nicolas Stemanns Inszenierung «Der Vater» nach August Strindberg kommt im April 2022 endlich als Übernahme von den Münchner Kammerspielen nach Zürich. Stemann hinterfragt die gegenwärtigen Männer als gefährdetes und gefährliches Geschlecht.

Die Strassen der Welt sind voll von den unterschiedlichsten Protestierenden; Menschen die Gewehre, Transparente oder Masken schwenken, verbunden durch das Ziel: das Einstehen für ihre Freiheit. Nur, von welcher «Freiheit» sprechen sie? Zeit, den Freiheitshelden zu befragen: Wilhelm Tell. Der Schweizer Regisseur Milo Rau tut dies gemeinsam mit Laien und Schauspieler*innen ab April 2022 im Pfauen. Zur Vorbereitung der Inszenierung reist die Truppe durchs Land auf Wilhelm Tells Spuren, ein Dok-Film für SRF hält die Recherche und den Weg zur Inszenierung fest.

Lange geplant und endlich realisiert werden kann im Frühling 2022 die Einladung von Leonie Böhms Münchner Inszenierung «Räuberinnen». Gemeinsam mit ihren Spielerinnen untersucht Böhm Schillers erstes Theaterstück Die Räuber, um die Seele «bei ihren geheimsten Operationen zu ertappen» (so sagte es Schiller selbst).

Wirkliche Nähe ohne Zwang, eigene Gesetze, keine Angst.

Frühlings Erwachen I Zoé Aubry

Junges Publikum

Feste Bestandteile des Angebots für junge Menschen am Schauspielhaus Zürich bleiben neben den Repertoirestücken das Theaterjahr, die Zusammenarbeit mit den Schulen und die Jugendclubs. Zum dritten Mal werden in vier Jugendclubs junge Menschen jede Woche Theaterluft schnuppern und am Ende der Spielzeit in Abschlusspräsentationen ihre Ta- lente beweisen. Grosser Nachfrage erfreut sich das Theaterjahr: fünf junge Theaterinteressierte haben hier die Möglichkeit, ein ganzes Jahr im Schauspielhaus zu arbeiten. Sie agieren in allen Branchen des Hauses und wechseln von der Bühne zur Technik und in alle Abteilungen. 

Theater & Schule ist ein Kernbereich der theaterpädagogischen Arbeit am Schauspielhaus. Dort geht es um Begegnung und Austausch zwischen den beiden Instituti- onen Schule und Theater. Jede Repertoireproduktion erfährt bereits in der Probenzeit eine Betreuung von Theaterpädagog*innen, die künstlerische Vermittlungsformate für junge Menschen entwickeln. Ergänzt wird dies durch das Format «Partnerschulen», das eine kontinuierliche Kooperation mit den Zürcher Sekundarschulen ist. Mit «Teacher in crime» wird neu Theaterbegeisterten Lehrpersonen der rote Teppich ausgerollt.

Preise und Auszeichnungen

Das Schauspielhaus Zürich wurde mit zwei Inszenierungen an das 58. Berliner Theatertreffen eingeladen: Hausregisseurin Leonie Böhm mit «Medea*» und Hausregisseur Christopher Rüping mit «Einfach das Ende der Welt».
Frühlings Erwachen von Lucien Haug in der Inszenierung von Suna Gürler wurde beim Heidelberger Stückemarkt mit dem Jugendstückpreis ausgezeichnet.
«Das Weinen (das Wähnen)» von Christoph Marthaler mit Texten von Dieter Roth wurde zum 8. Schweizer Theatertreffen eingeladen.

Wiederaufnahmen

AFTERHOUR, Das Weinen (Das Wähnen), Der Mensch erscheint im Holozän, Einfach das Ende der Welt, Faust I + II, Frühlings Erwachen, Greta, Leonce und Leonce, Medea*, Mein Jahr der Ruhe und Entspannung, Köln Concert.

Foto: Medea* I Gina Folly

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