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Interview mit Axel Preuß, dem neuen Intendanten der Schauspielbühnen in Stuttgart

Durch ihre Körper fließt die Liebe zur Bühnenkunst; sie werden von zahlreichen Ideen und unaufhaltsamem Enthusiasmus angetrieben. Seit einigen Jahren im kulturellen Bereich aktiv, haben sie in dieser Saison die Leitung einer kulturellen Institution (oder einer Sparte) übernommen und machen es sich zur Aufgabe, zahlreiche Zuschauer anzulocken und sie mit spannenden, überraschenden und neuen Spektakeln in Staunen zu versetzen. Von wem wir sprechen? Von den neuen Intendanten und Intendantinnen, Direktoren und Direktorinnen bekannter Einrichtungen unserer Region! Natürlich sind wir neugierig und möchten schon jetzt mehr über ihren Werdegang, ihre Pläne und liebsten Gewohnheiten erfahren. Geht es Ihnen genauso? Dann freuen wir uns sagen zu dürfen: Vorhang auf für… Axel Preuß, dem neuen Intendanten der Schauspielbühnen in Stuttgart

 

 

POSTEN

Intendant Schauspielbühnen in Stuttgart

 

LAUFBAHN 

Während meines Studiums arbeitete ich zunächst in der freien Szene Berlins. Dann bekam ich eine Regieassistenz am Deutschen Theater angeboten. Anschließend arbeitete ich als Dramaturg am Volkstheater Rostock, als Chefdramaturg am Landestheater Tübingen und am Staatstheater Braunschweig sowie als Schauspieldirektor am Theater Heidelberg und am Badischen Staatstheater Karlsruhe.

Seit dem 1.8.2018 bin ich Intendant an den Schauspielbühnen in Stuttgart. Die Schauspielbühnen liegen im Herzen der Stadt und haben zwei Bühnen: das schöne Alte Schauspielhaus, 1909 erbaut im Jugendstil, und die Komödie im Marquardt, die in den 1950er Jahren im Festsaal des vormaligen Hotels «Marquardt» eingerichtet wurde. 

 

DER ERSTE THEATER/TANZ/OPERNBESUCH?

Erst im Schwarzweißfernsehen und später live und in Farbe: Das Ohnsorg Theater in Hamburg. Das ist ein Volkstheater, wo bis heute Unterhaltungsstücke in Mundart gespielt werden. Da standen tolle Volksschauspieler auf der Bühne, die überzeugend Menschen mit all ihren Schwächen und Spleens darstellten, und zugleich eine lustige Komplizenschaft mit dem Publikum pflegten. 

 

EIN THEATER/TANZ/OPERNABEND, DER IHNEN BESONDERS IN ERINNERUNG GEBLIEBEN IST? 

Die Uraufführung von Festung Anfang der 90er Jahre am Deutsches Schauspielhaus in Hamburg. Der Intendant Frank Baumbauer hatte ein fabelhaftes Ensemble, Hannelore Hoger zum Beispiel spielte darin eine Obdachlose. Das war großartig und es war mutig, weil die Theatertexte von Rainald Goetz nicht nur reine künstlerische Herausforderung sind, sondern weil Baumbauer das Stück im riesigen Schauspielhaus aufführen ließ. Genial! Habe ich mir etliche Male angesehen. Genauso wie Ghetto von Joshua Sobol, ebenfalls am Hamburger Schauspielhaus, mit dem damals noch ganz jungen Ulrich Tukur als ebenso musikalischer wie mörderischer Offizier Kittel.

 

WORAUF FREUEN SIE SICH IN DIESER SAISON?

Auf die Schauspieler*innen, die wir für beide Bühnen gewinnen konnten, auf das Stuttgarter Publikum, das ich als sehr treu und interessiert wahrnehme, und auf die Zusammenarbeit mit dem tollen Team der Schauspielbühnen. Es geht hier sehr familiär zu. Alle kennen alle. Und viele Kolleg*innen sind schon sehr lange am Haus. Das mag ich sehr. 

 

EINE(N) REGISSEUR/IN, CHOREOGRAF/IN, SÄNGER/IN ODER SCHAUSPIELER/IN, DEN/DIE SIE LIEBEND GERN EINMAL IN IHREM HAUS WILLKOMMEN HEISSEN MÖCHTEN?

Es arbeiten viele tolle Künstler*innen in dieser Spielzeit bei uns. Theater lebt von der richtigen Dosierung von Kontinuität und Wandel. Jetzt starten wir erst einmal fröhlich und voller Tatendrang in die erste Spielzeit. Und dann lassen wir uns überraschen, welche neuen Künstler*innen in 2019/2020 unser Theater bereichern.

 

WIE IST IHR NEUES BÜRO?

Sehr schön, direkt unter dem Dach gelegen und verwinkelt. Zugleich groß genug für tägliche Gesprächsrunden mit dem Team. Derzeit aber noch unaufgeräumt vom frischen Einzug. 

 

WAS SEHEN SIE VON IHREM FENSTER AUS?

Stuttgarter Hinterhöfe mit vielen Fenstern und vereinzelten Balkonen, zu viele Tauben und zwischen zwei Häusern die Tübinger Straße, wo permanent Passanten und sogar recht häufig Demonstrationen durchziehen. Alles sehr urban. Super!

 

HABEN SIE SCHON EINEN LIEBLINGSPLATZ IM GEBÄUDE?

Ja, im Parkett des Alten Schauspielhauses: Reihe 9, Platz 167. Von dort sehe ich die Proben zu unserer Eröffnungspremiere von Schillers Maria Stuart. Wir fiebern der Eröffnung am 14.9.18 entgegen. Die Schauspieler*innen sind toll ! ich bin sehr glücklich und beeindruckt, wie Alina Rank als Maria Stuart und Franziska Beyer als Königin Elisabeth die Figuren zu ganz heutigen Menschen machen, die mir nahe gehen und mich berühren, obwohl wir ausschließlich mit Schillers literarischer Sprache umgehen, die über 200 Jahre alt ist. 

 

KAFFEE-ODER TEEPAUSE?

Kaffee! Gerne! Viel! 

 

WO VERBRINGEN SIE IHRE MITTAGSPAUSE?

Es gibt einen sehr guten Asia-Imbiss, keine 50 Meter vom Theater entfernt. Der Betreiber bereitet jedes Essen frisch zu. Gleich daneben ist ein weiteres kleines Imbisslokal, das ein täglich wechselndes Gericht anbietet mit selbst gemachter Pasta. Und wenn ich Lust auf was andres habe, gehe ich zum Imbiss gleich daneben, da gibt es Schawarma.

 

BUCH ODER SERIE AM ABEND (UND WELCHE(S) IST ES MOMENTAN)?

Derzeit lese ich täglich Theaterstücke für die Spielzeit 19/20. Serien gucke ich seit Twin Peaks nicht mehr. Die erfordern regelmäßig Zeit, die ich nicht habe. Ich gucke gern 90-Minüter: Spielfilme oder Fußball – am besten im Kino bzw. im Stadion.

 

WELCHE MUSIK TREIBT SIE AN?

Ich liebe vieles, je nach Stimmung und Tageszeit : einzigartige Stimmen wie Hildegard Knef und Janis Joplin, klassische Musik von Bach, Mozart und Chopin, unsterbliche Easy Listening-Arrangeure wie James Last oder Bert Kaempfert, Rock´n´Roll-Vögel wie die Faces, die später auch Rod Stewarts erste Soloplatten einspielten, die zeitlosen Doors, dazu Musiker*innen von heute wie Cäthe, Jan Delay oder Mary J. Blige. Und Udo Lindenberg, der immer einen Platz in meinem Herzen haben wird, obwohl ich ihn gar nicht so oft höre.

 

WAS MACHEN SIE NACH EINEM LANGEN ARBEITSTAG?

Nachhause radeln, Nachrichten gucken, lesen.

 

EINE THEATER/TANZ/OPERNFIGUR, DIE IHNEN ÄHNELT? 

Die Demokratie und unsere Zivilgesellschaft sind großartige historische Errungenschaften, aber sie stellen uns Bürger*innen auch vor große Herausforderungen. Lutz Hübner und Sarah Nemitz schreiben darüber sehr erfolgreiche Stücke. In den Figuren einer Komödie wie Willkommen fühle ich mich mitunter sehr gut beschrieben.

 

 

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Die Homepage der Schauspielbühnen Stuttgart

Weitere Informationen zu den Aufführungen von Maria Stuart auf der Seite der Schauspielbühnen Stuttgart

 

 

Foto: Volker Beinhorn

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