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Coppelia im Theater Basel : Interview mit Edward Clug

Edward Clug © Christian Knörr

Interview mit Edward Clug, der im Theater Basel die Liebe zwischen einem Mann und einem anthropomorphen Automaten in Coppelia.

Diese Geschichte ist von einem Märchen von Hoffmann inspiriert (Der Sandmann) und inszeniert einen Automaten mit Menschengestalt, in den sich Franz verliebt, zum großen Unglück seiner Verlobten Swanilda. Ein Thema, das stark an das 21. Jahrhundert und die Entwicklung der AI und der Androiden erinnert…

Coppelia zählt zu den ältesten und beliebtesten klassischen Balletten. Diese Version ist in der Tat frei inspiriert vom ETA Hoffmanns Märchen und nutzt einige Elemente seiner Intrige. Von Anfang an wusste ich, dass ich sie modifizieren musste, denn sie ist wie eine „Unterhaltung“ für ein Publikum des 19. Jahrhunderts gedacht. Ich wollte sie also modernisieren, sie in ihrer Zeit verankern und um dies zu tun habe ich ein neues Libretto kreiert. Milko Lazar, ein Komponist mit dem ich gewöhnlicherweise arbeite hat sich eine neue Partitur ausgedacht, mit dem Ziel die düstere und romantische Atmosphäre aus Hoffmanns Werk zu verstärken, die im Gegensatz zur charmanten Romantik des Balletts steht.  

Wie in Giselle ist Coppelia zur Struktur des Leitmotivs komponiert, mit zahlreichen Passagen, die der traditionellen Folklore Mitteleuropas entliehen sind. Wie wirkt sich das auf ihre choreographische Arbeit aus?

Ich komme aus diesem Teil Zentraleuropas (Transsylvanien, Rumänien) in dem Delibes die Inspirationsquellen für seine Melodien fand. Seine Stücke Czardas und Mazurka findet man in wenigen Ländern, die sich mit der Zeit kulturell gekreuzt haben. In dieser stilisierten Version kann man choreographische Elemente aus der Folklore erkennen, im ersten Akt der Aufführung, bei der Hochzeit von Swanilda und Franz. 

Trailer Coppelia – Theater Basel

LDie Atmosphäre der Magie und des Mysteriums durchzieht auch die Legenden der ehemaligen Königreiche Mitteleuropas. Die Grenze zwischen lebendig / nicht lebendig, menschlich / transhumanistisch mit ihren Mysterien findet darin auch ihre Wurzeln. Was sind ihre intimen Inspirationsquellen für dieses Ballett?

Meine Intention war es den Charme des Originalballetts beizubehalten und gleichzeitig Referenzen zum Sandmann von Hoffmann zu integrieren. Das ist ein roter Faden geworden. Und indem wir das choreographische Potential des Automaten Coppelia erkundeten, haben wir eine komplexere Rolle geschaffen, im Vergleich zur passiven Version der Marionette im klassischen Ballett. Coppélia ist nicht meine erste Begegnung mit einer Marionetten-Geschichte. Ich habe vor Kurzem eine neue Version des Nussknackers für das Ballett Stuttgart kreiert und vor einigen Jahren habe ich Petrushka für das Bolschoi-Ballett inszeniert. 

Sie haben einen Sacre du printemps mit dem Maribor Ballet aufgeführt, in dem Wasserfluten auf die Bühne fielen. Was ist die Inspiration für das Bühnenbild zu Coppelia?

Selbst wenn das Konzept einfach und funktionell ist, lösen die Bilder Gefühle aus, die die Erzählung verstärken. Zwei Elemente, die vom Stardesigner Nika Zupanc kreiert wurden sind essentiell. Sein „Forever Bed“ (Ewiges Bett) ist der Hauptmechanismus im Zimmer von Coppelius in dem die Dinge erscheinen und verschwinden. Seine riesige Kirsche, die am Ende des Balletts schwebt, symbolisiert die Verbindung der beiden Liebenden. 

Sie haben Milko Lazar die Möglichkeit gegeben den Originalkompositionen von Léo Delibes einen zeitgenössischen Touch zu verleihen. Was suchen Sie beide?

In erster Linie bestand die Idee darin das Milko nur die Intermezzos komponiert, um sie zwischen den verschiedenen Szenen von Delibes zu spielen. Aber schlussendlich habe ich mich, als ich seine neue Musik hörte, dazu entschieden sie anders einzusetzen, fast eine neue Suite aus den Intermezzos zu machen. Eine dieser Kompositionsmethoden ist die modulare Komposition, was heißt, dass die Elemente oder die Bewegungen, oder sogar die Teile, die sie voneinander trennen, sich in jeglicher Reihenfolge ineinanderfügen. Da wir seit mehreren Jahren zusammenarbeiten haben wir eine musikalische und tänzerische Spezialsprache entwickelt, die hauptsächlich auf einer starken Polyrhythmik basiert, oder auf allen möglichen rhythmischen Strukturen, was von sich aus eine Art atmosphärischen Klang erzeugt. Milko bringt sich nicht gerne in die Geschichte oder die Musik ein, was für meine Choreographie von Vorteil ist, denn das gibt mir viel Freiheit, um meine eigene Tanzsprache und meine Bewegungen zu entwickeln, sowie die Geschichte, die ich erzählen will. So haben wir also zwei unterschiedliche Ebenen des Ausdrucks, die sich vereinen und gemeinsam den Bedürfnissen der Geschichte dienen. 


Coppelia

Vorstellungen: 17/05, 20/05, 27/05, 31/05, 02/06, 04/06, 10/06, 18/06 & 25/06

Theater Basel

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