Le 1er web magazine spectacles | Grand Est transfrontalier
Das 1. Webmagazin der darstellenden künste | Grenzüberschreitende Region Grand Est

Schicksal der Schiffbrüchigen

Le Radeau de la Méduse von Georg Kaiser geht in Straßburg in der brillanten Inszenierung von Thomas Jolly vor Anker mit zwölf talentierten, jungen Schauspielern.

Le Radeau de la Méduse (Das Floß der Medusa) könnte einer Erzählung der griechischen Mythologie entstammen. Aber es handelt sich um eine moderne Erzählung, von der sich Georg Kaiser (1878-1945) zu diesem Stück inspirieren ließ, das er wenige Jahre vor seinem Tod im Exil geschrieben hat. Während des 2. Weltkriegs wird ein Passagierschiff, das Kinder transportiert, von einem deutschen U-Boot torpediert. Fast alle ertrinken.
Zurück auf die Bühne: Vor einem sparsamen Bühnenbild in einer dunklen und diesigen Atmosphäre dreht sich ein großes Boot um sich selbst in der Strömung. An Bord sind zwölf Kinder, die den Schiffbruch überlebt haben. Allein und in höchster Not treiben sie sieben Tage lang dahin und überlegen sich Regeln, um gemeinsam zu überleben. Sie teilen das bisschen Nahrung, das ihnen bleibt, wechseln sich an den Rudern ab und organisieren sich selbst. Zwei von ihnen, Ann und Alan, beschließen, mitten auf dem Meer zu heiraten, wie als Beweis für ihren Glauben an eine Zukunft. Aber alles ändert sich, als sie ein dreizehntes Kind versteckt finden, das jünger und stumm ist. Stark in ihren religiösen Überzeugungen und indem sie sich auf das letzte Abendmahl und Judas beruft, erklärt Ann mit Bestimmtheit, dass sie sich niemals retten können werden, solange sie 13 sind. Damit stellt sie die anderen vor eine grässliche Wahl. An diesem enormen Spannungspunkt setzt Thomas Jolly auf Einfachheit und Konzentration. Auch lange nach der Vorstellung schippert sein Floß der Medusa noch immer durch unsere Köpfe, wie eine zeitlose Erzählung, die im aktuellen Geschehen nachklingt. (C.I.)

Foto © Jean Louis Fernandez 

Teaser © Piccola Familia / Julien Condemine

 


WIR EMPFEHLEN AUCH

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Newsletter

Currently Playing

Szenik auf Facebook