In Nachbars Garten
Philippe Lardaud bringt Raymond Carvers Erzählungen auf die Bühne und zeigt die Krux vom vermeintlich banalen Alltag und wie er seine Hauptpersonen zerfrisst.
Es sind Geschichten, wie sie nicht alltäglicher sein könnten. Ein Mann wird von seiner Frau verlassen, ein Paar versucht seine Beziehung wieder zum Leben zu erwecken, die Ex-Frau lässt bei einem Wiedersehen ihren Gefühlen freien Lauf, der Griff zur Flasche wird zum Alltag – ja, all diese Geschehnisse erscheinen sehr gewöhnlich. Manch einer würde darauf „C’est la vie“ erwidern. Der amerikanische Schriftsteller Raymond Carver (1938-1988) brachte diese Geschehnisse in Erzählungen, Gedichten und Kurzgeschichten zu Papier und zeigte uns die Fratze dieser Alltagsmonster. Mit seinem knappen, schnörkellosen, realistischen Stil steht eine gescheiterte Beziehung im Mittelpunkt eines jeden Textes. Ohne Effekte, die es im wahren Leben nun auch nicht gibt, boxen sich die Figuren durch den Alltag, verlassen oder zusammen allein. Die Kraft des Schriftstellers ist es, uns Momente vor dem Eklat, nach dem Wutausbruch oder sich in der Einbahnstraße befindend sachlich darzulegen. Kein Sarkasmus durchkommt die Worte. Selten auf die Bretter der Theater gebracht, nimmt sich nun Philippe Lardaud ihrer an, um die Welt, so wie sie ist, auf die Bühne zu holen. Zusammen mit Isabelle Ronayette und dem Musiker Eric Thomas übergießen sie die Erzählungen mit einem Schluck Wasser und leihen ihnen ihre Stimmen. Ein viel zu seltenes Ereignis, auf das man sich schon jetzt freuen kann. (J.L.)
Nach den Erzählungen von Raymond Carver
Inszeniert von Philippe Lardaud
Foto © Virginie Merlin